• blaues Licht

Altert man (jetzt auch schon) schneller durch blaues Licht?

Wenn man den Zeitschriften Glauben schenken darf, gibt es wieder etwas Neues, wovor wir Angst haben müssen: blaues Licht. So sollen Sie nach dem Beantworten Ihrer E-Mails, dem Schauen Ihrer liebsten Netflix-Serie und Ihrer täglichen Dosis WhatsApp-Nachrichten eine ordentliche Menge Falten dazu bekommen haben. Die Kosmetikindustrie wäre nicht die Kosmetikindustrie, wenn sie keine Lösung parat hätte: spezielle Blue-light-Cremes und -Seren, die uns vor dem sogenannten Screenface beschützen sollen.  Was ist da dran?

Was ist blaues Licht eigentlich? Woher kommt das?

Blaues Licht wird auch schon mal mit ultravioletter Strahlung verwechselt. Es ist aber nicht dasselbe. Blaues Licht ist noch Teil des sichtbaren Lichts, grenzt jedoch an den unsichtbaren ultravioletten Teil. Blaues Licht hat eine kurze Wellenlänge und somit eine hohe Energie.
Wer schon einmal Informationen über blaues Licht gesucht hat, hat wahrscheinlich den englischen Term HEV gelesen. Das steht für High Energy Visible light, also hochenergetisches Licht. Eine Quelle für HEV ist nicht nur Tageslicht, sondern beispielsweise auch LED-Licht. Das heißt: Bildschirme von Handys, Laptops, Tablets und Fernsehgeräten strahlen allesamt HEV-Licht aus. Und HEV kann tief in die Haut eindringen, wodurch wir uns automatisch fragen: Wie schädlich ist das?

Ist blaues Licht schädlich?  

Als ich zum ersten Mal las, dass blaues Licht schlecht für die Haut sein soll, war ich etwas verwirrt, denn spezielle Lampen mit blauem Licht werden seit Jahrzehnten verwendet, um Hauterkrankungen wie Akne zu behandeln. Es ist also an der Zeit, der Sache einmal nachzugehen und meine Erkenntnisse mit Ihnen zu teilen.

Bildung freier Radikale

Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt tatsächlich Studien, die zeigen, dass blaues Licht eine hohe Dosis freier Radikale generieren kann. Und genauso wie die freien Radikale, die durch UV-Strahlung und Verschmutzung entstehen, können auch sie schließlich Falten und Pigmentflecken verursachen. Soweit genügend Gründe, die beunruhigenden Geschichten in den Medien zu glauben.

Als ich mir die Studien, in denen ein Zusammenhang zwischen blauem Licht und der Bildung freier Radikale hergestellt wurde, genauer ansah, fiel mir eine wichtige Sache auf. In diesen Studien wurden spezielle Lampen verwendet, die eine sehr hohe Dosis blaues Licht ausstrahlten. Und diese Dosis ist eigentlich nicht mit der Menge zu vergleichen, die wir im täglichen Leben aufnehmen. Übrigens ist die Menge blaues Licht, dass über Bildschirme auf unsere Haut trifft, auch geringer als die Dosis im Tageslicht.

Darüber hinaus gibt es noch einen anderen wichtigen Punkt. In den Studien wurde kein Zusammenhang zwischen blauem Licht und Hautkrebs gefunden. Die DNA-Schäden, die bei UVA und UVB-Strahlung auftritt, findet man nicht bei blauem Licht. Und die Pigmentflecken, die durch blaues Licht verursacht wurden, verschwanden von selbst wieder. Ein interessanter Fakt: Wussten Sie, dass auch „gewöhnliche“ Wärme freie Radikale und Pigmentflecken verursachen kann?

Positive Effekte blauen Lichts

Wie hier oben bereits angegeben, habe ich auch gute Nachrichten. Sehr viele Studien beschreiben gerade die positiven Eigenschaften von blauem Licht. So kann dieser Teil des Sonnenspektrums, genauso wie UV-Licht, unsere Laune verbessern und Vitamin D bilden. Blaues Licht stärkt auch das Immunsystem, erhöht die Aufmerksamkeit und kann sogar eine antibakterielle Wirkung haben. Aus dem letzten Grund werden Blaulichtlampen bereits seit Langem bei Akne-Behandlungen eingesetzt. Eine neue Studie ergab sogar, dass eine Exposition an diesen Teil des Lichtspektrums einen günstigen Effekt auf die Blutgefäße hat und den Blutdruck senken kann.

Keine Filter für Cremes gegen blaues Licht  

All das lässt mich die logische Schlussfolgerung ziehen, dass es nicht ratsam ist, blaues Licht vollständig zu blockieren. Die Konsequenzen sind noch nicht hinreichend untersucht und es gibt auch keine Filter, die blaues Licht blockieren können. Spezielle Blue-light-Filter für Cremes existieren nicht.

Filter, die einen kleinen Teil des Blaulichts abhalten können, sind Zinkoxid, Titandioxid und Tinosorb M. Alle anderen UV-Filter richten nichts gegen blaues Licht aus. Gut zu wissen, ist vielleicht auch, dass Eisenoxid, das in Foundations und Pudern verwendet wird, einen Teil des Blaulichts filtern kann. Es ist sinnvoll, die Radikalschäden, die durch das Licht auftreten, zu verringern. Dafür gibt es jedoch keine speziellen Antioxidantien, eigentlich sind alle „gewöhnlichen“ Antioxidantien wie Vitamin C, B3 (Niacinamid), E und viele weitere bestens geeignet.

Weniger Zeit hinter dem Bildschirm eine gute Idee

Mein Ratschlag? Stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Haut über Hautpflegeprodukte und Ernährung (viel Obst und Gemüse) mit ausreichend Antioxidantien versorgen und geben Sie kein Vermögen für spezielle Cremes gegen blaues Licht aus.

Da nachgewiesen ist, dass zu viel blaues Licht sich ungünstig auf unser Schlafverhalten auswirkt, denke ich, dass wir einfach weniger Zeit hinter dem Bildschirm oder Telefon verbringen sollten, vor allem abends. Das bringt auch noch einen weiteren Vorteil mit sich, denn gute Nachtruhe, ausreichend Entspannung und wenig Stress bewirken Wunder für die Haut. Und das bleibt auch weiterhin eins der besten Rezepte für einen gesunden, frischen Teint.

Herzliche Grüße

Jetske Ultee

Forschungsärztin kosmetische Dermatologie