Arganöl – das neue Wundermittel?
Im letzten Herbst habe ich mit meinem Mann eine kleine Auszeit genommen. Wir haben ein paar Tage ohne die Kinder in Marrakesch verbracht. Nach allen Eindrücken in Medina: Schlangenbeschwörer, rasselnden Eselskarren und dem Rufen der Verkäufer, brauchten wir einen Tag Ruhe und schöne Natur. Auf ins Atlasgebirge! Unterwegs begegneten wir einer Anzahl Frauenkooperationen, in denen Arganöl produziert wurde.
Aufgrund meines kosmetischen Interesses beschlossen wir, uns die Fabrik anzusehen. Überall auf dem Fußboden saßen Frauen, die Nüsse schälten, brannten und in einem brauen Matsch rührten. Es machte dort einen sehr freundlichen Eindruck. Am Ende der Tour kam man natürlich in ein „Laden“ und obwohl ich mich natürlich verpflichtet fühlte, etwas zu kaufen, machten mich die fettigen Flaschen mit den schiefen Etiketten nicht wirklich „gierig“. Darum staunte ich auch nicht schlecht, als ich in den Monaten nach unserem Marrakesch-Urlaub ein Hochglanzmagazin aufschlug und etwas über die wundersamen Kräfte von Arganöl lesen konnte. Es war also an der Zeit, die Bücher zu wälzen und der Sache auf den Grund zu gehen.
Die Produktion
Arganöl wird hauptsächlich in Marokko produziert. Das Öl stammt aus den Nüssen des Argania spinosa. Als der Baum vor circa 15 Jahren vom Aussterben bedroht war, erstellte die Regierung den Plan, den Arganbaum wieder aufzuforsten und daraus zugleich einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. An verschieden Orten Marokkos wurden Frauenkooperationen gegründet, um Arganöl zu produzieren und Techniken entwickelt, um schneller und besser Öl zu gewinnen. Grob gesagt, gibt es drei Methoden zur Gewinnung von Arganöl: die erste ist am arbeitsintensivsten. Die Nüsse werden mit der Hand geschält und danach geröstet. Es wird Wasser hinzugefügt und per Hand wird aus den Nüssen das Öl gepresst. Das ist ein ziemlich kostspieliger Prozess, denn es dauert ungefähr 20 Stunden, um einen Liter Öl zu gewinnen. Schneller ist es (Bitte jetzt nicht erschrecken!), die Nüsse in Ziegenkot zu suchen (dann ist die Schale bereits ab) und sie dann mit der Hand zu pressen. Die Qualität des Öls, das auf die „Ziegenkot-Art“ gewonnen wird, ist nicht nur bakteriologisch unterlegen, es enthält auch Stoffe (Peroxide), die nicht gut für die Haut sind. Die Qualität der mit der Hand geschälten Nüsse ist besser, hängt jedoch auch in großen Maße von der Hygiene der Arbeiterin und von der Qualität des verwendeten Wassers ab. Außerdem ist das Öl, das auf diese Arten gewonnen wird, circa ein halbes Jahr haltbar.
Der größte Teil des kommerziell erhältlichen Öls wird auf eine ganz andere Art gewonnen. Die Nüsse, die für kosmetisches Arganöl verwendet werden, werden nicht geröstet und hauptsächlich maschinell geschält und gepresst. Manchmal werden nach dem Verpulvern der Nüsse Stoffe hinzugefügt, um das Öl leichter aus dem Fruchtfleisch zu lösen (enriched argan oil). Leider reduziert dieser letzte Prozess die Menge der Wirkstoffe im Produkt. Übrigens ist selbst der maschinelle Prozess der Arganöl-Produktion zeitintensiv, was Arganöl relativ teuer macht.
Arganöl: Was ist da drin?
Es ist bewiesen, dass der Verzehr von Arganöl die Wahrscheinlichkeit auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringert. Für eine großartige Wirkung auf die Haut gibt es viel weniger Beweise. Und doch ist es keine schlechte Idee, sich damit einzucremen. Reines Arganöl enthält einige nützliche Stoffe wie Carotinoide, Tocopherol (Vitamin E), Squalen und Phenole. Im Vergleich zu Olivenöl enthält es viel Tocopherol (Vitamin E) und dann vor allem Gamma-Tocopherol. Viel ist übrigens relativ: Es ist eine Konzentration von ungefähr 0,08 Prozent. Die Konzentrationen Squalen in Oliven- und Arganöl sind ungefähr gleich; Olivenöl enthält etwas mehr und zwar circa 0,3 Prozent. Außerdem enthält Arganöl ungefähr 0,4 Prozent Carotinoide. Carotinoide wirken wie Antioxidantien und können die Haut vor der schädlichen Einwirkung der Sonne schützen. Als letztes sorgen die ungesättigten Fettsäuren in das Öl dafür, dass die Haut geschmeidig bleibt und Feuchtigkeit gut binden kann. Die Fettzusammensetzung ähnelt der von Sesam- oder Erdnussöl.
Macht es Sinn, sich damit einzucremen?
Ja und nein. Die Konzentrationen der wirksamen Stoffe wird in einem guten Kosmetikprodukt niedriger sein (aber höher als in einem schlechten). Da es keine reizenden Stoffe enthält, ist es ein sehr geeignetes Produkt, um die Haut in Kombination mit anderen Pflegeprodukten in einem guten Zustand zu halten. Es kann sicherlich Menschen mit sensibler und leicht trockener Haut von Nutzen sein. Und doch kann man auch auf Arganöl allergisch reagieren, vor allem Menschen mit einer Nussallergie. Ich betrachte es vor allem als einen guten Zusatz. Sie können es wenn Ihre Haut beispielsweise etwas trocken ist, in der Nacht oder noch besser über einem guten Hautpflegeprodukt verwenden. Letzteres sorgt dafür, dass Feuchtigkeit besser in der Haut gebunden werden kann, sich die Hautbarriere wieder regenerieren kann und die Wirkstoffe tiefer in die Haut eindringen können. Übrigens ist Arganöl auch für den Körper bestens geeignet.
Worauf muss man beim Kauf achten?
Obwohl es verlockend klingt, das traditionell hergestellte Öl zu verwenden, ist es nur sehr kurz haltbar und außerdem ist die Qualität eines solchen Produktes nicht gesichert. Das mit der Hand gewonnene Öl ist auch ziemlich dunkel, maschinell gepresst ist also die bessere Alternative. Sie sollten besser keine Produkte verwenden, die unter Einsatz von Lösungsmitteln gewonnen wurden (enriched oil), da die Wirkstoffkonzentration in diesen Produkten niedriger ist. Gutes Arganöl ist nicht billig; Sie müssen schon mit einem Preis von um die 25 Euro rechnen. Sollte es doch günstig sein, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es mit billigen Ölen „verdünnt“ wurde. Das passiert leider regelmäßig. Wenn Sie es verwenden möchten, sollten Sie nach 100 Prozent Arganöl suchen.
Ein letzter Tipp: Wenn Sie nicht nach Haselnüssen riechen möchten, kaufen Sie dann besser kalt gepresstes Öl. Bei der Diät-Variante wurden die Nüsse geröstet und das riecht man!
Herzliche Grüße
Jetske Ultee
(Dr. Jetske Ultee – Forschungsärztin kosmetische Dermatologie)
